Nancy Lindisfarne und Jonathan Neale

Letzten Monat haben wir über das Ende der US-amerikanischen Besatzung in Afghanistan und den Sieg der Taliban geschrieben (N. Lindisfarne u. J. Neale, 2021). In diesem Beitrag geht es um den Klimawandel in Afghanistan. Dieses Thema ist von großer Dringlichkeit. Afghanistan ist eines der Länder dieser Welt, das am stärksten durch die Klimaveränderung gefährdet sind.

In diesem Jahr wurde die Ernte aufgrund einer lang anhaltenden, durch den Klimawandel verursachten Dürre um fast die Hälfte reduziert. Es drohen Hunger und Hungersnot, wenn die Afghan:innen nicht schnell umfassende Hilfen erhalten. Die USA drohen jedoch mit finanziellen Sanktionen, die die Arbeit der Hilfsorganisationen unmöglich machen und zusammen mit dem Hunger zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch führen könnten.

Dieser Artikel behandelt zunächst die Auswirkungen des Klimawandels in Afghanistan in den letzten 50 Jahren; dann widmen wir uns der aktuellen Situation. Wir sind der Meinung, dass die USA, anstatt zwanzig Jahre lang Krieg zu führen, sich für die Schaffung von Arbeitsplätzen im Klimabereich hätten einsetzen und die Klimakrise hätten verhindern können. Am Schluss gehen wir auf Ideen ein, was Menschen in anderen Ländern politisch tun können, um den afghanischen Menschen in der Klimakatastrophe zu helfen.

In vielen Teilen der Welt sehen die Menschen den Klimawandel als eine furchtbare Bedrohung für die Zukunft. In Afghanistan zerfrisst diese Bedrohung seit einem halben Jahrhundert die Struktur von Wirtschaft und Gesellschaft.

Seit 1750 hat der Klimawandel die Welt bereits um durchschnittlich 1,1 Grad Celsius erwärmt. Das Klima in Afghanistan erwärmt sich mehr als doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Wissenschaftler:innen und die UNO drängen uns nun, den Gesamtanstieg möglichst unter 1,5 Grad zu halten und die Gefahr, 2,0 Grad zu überschreiten, auf jeden Fall zu vermeiden. Afghanistan hat sich zwischen 1951 und 2020 um 2,0 Grad erwärmt. Bis 2050, also in dreißig Jahren, werden die Temperaturen in Afghanistan wahrscheinlich um weitere 2 Grad steigen.

Dies geschieht in einem Land, das ohnehin schon zu den ärmsten und trockensten Ländern der Erde gehört. In den Ebenen und in den Sommern ist es schon heute sehr heiß. Nur auf 5 % des Landes kann Getreide angebaut werden, und auch dort zumeist davon nur mit Bewässerung. Die meisten Menschen leben von 2 Dollar pro Tag oder weniger. Wo die Ernten jetzt ausgefallen sind, werden die Lebensmittelpreise rasch steigen.

Die bedeutendste Auswirkung des Temperaturanstiegs ist die Dürre. Andrej Přívara und Magdalena Přívarova schreiben: „Auffällige Dürren sind in Afghanistan zu einem festen Bestandteil des Klimas geworden. Es wurden mehrere schwere Dürren mit einer Tendenz zur Zunahme der Häufigkeit des Dürrezyklus verzeichnet, zum Beispiel 1963/64, 1966/67, 1970‒72 und 1998‒2006. Der Zeitraum 1998 bis 2006 scheint die längste und extremste Dürre in der Klimageschichte Afghanistans gewesen zu sein.“[i]

Zu beachten ist, dass die Dürre von 1998 bis 2006 acht Jahre lang andauerte. Seitdem hat es die Dürre von 2013/14 gegeben, und die Dürre, die 2018 begann, dauert bis heute an.

Zwei Berichte über die Anfänge des Klimawandels in Afghanistan können uns helfen zu verstehen, was das bedeuten könnte. Ein Bericht stammt von Nancy Lindisfarne und bezieht sich auf den Norden des Landes, der andere stammt von Jonathan Neale und bezieht sich auf den Süden.

Nancy schreibt

In den Jahren 1971 und 1972 lebten Richard Tapper und ich fast ein Jahr lang bei afghanischen Dorfbewohnern, den Piruzai. Hajji Tuman war während unseres gesamten Aufenthalts bei den Piruzai unser Gastgeber. Dies ist ein Bild von Tuman und seiner Tochter Maygol. Sie waren verrückt nacheinander.

Hajji Tuman und die anderen Piruzai, die wir kennenlernten, waren warmherzig, zäh und hatten einen klaren Kopf. Sie führten ein hartes Leben in einer unbarmherzigen Umgebung und machten sich wenig Illusionen über das, was sie erreichen konnten.

Sie beklagten sich nicht, sondern bewältigten das Leben mit einer wachen Intelligenz, die sie beschrieben als „die Gedanken an Ort und Stelle halten“. Sie lachten gerne über sich selbst und waren neugierig und weise in Bezug auf andere. Ihre Fürsorge und Liebe zu ihren Kindern war ein Modell, dem Richard und ich nacheifern wollten, als wir selbst Kinder hatten.

Und wir hatten noch in anderer Hinsicht Glück. Hajji Toman verstand, dass wir Forschung betrieben ‒ Anthropologie, „insanshenasi“ ‒ und wollte uns helfen, „ein Buch zu schreiben“.

Die Piruzai sprachen Paschtu, waren halbnomadische Viehzüchter und Kleinbauern. Sie waren arme Menschen, die versuchten, in einem bösartigen, ungleichen politischen System zu überleben.

Die Dörfer der Piruzai lagen im Tal des Flusses Sar-i Pul. Viele Piruzai blieben das ganze Jahr über in den Dörfern. Die Landwirtschaft im Tal war mühselig, aber einfacher als die mehr als 150 Meilen lange Reise in die zentralen Berge des Landes im Sommer und später zurück.

1971 war das zweite Jahr der Dürre in Nordafghanistan. Der Winter war streng, und plötzliche späte Schneefälle führten zu katastrophalen Verlusten bei den Viehherden im ganzen Land. Die Piruzai litten sehr darunter, während anderswo, insbesondere in [der Provinz] Ghor und im äußersten Nordwesten, eine Hungersnot herrschte und Menschen starben.

Im Winter blieb mindestens eine Familie, die eine gemeinsame Herde besaß, mit den Tieren in der Steppe östlich von [der Stadt] Sar-i Pul, unterstützt von einem oder zwei jungen Männern, die als Hirten angeheuert wurden.

Im Sommer 1972 weinte Baya Khan, einer der erwachsenen Söhne von Hajji Toman, als er sich an den Winter erinnerte:

Im Herbst wurde es klar, dass es ein schlechter Winter werden würde. In der Steppe, wo die Schafe weideten, gab es kein Gras mehr, alles war staubig, genau wie die Feldwege. Dann gab es zwei Nächte lang einen üblen Staubsturm. In der ersten Nacht kam ein Wirbelsturm von flussabwärts. Man konnte die Hand vor dem Gesicht nicht sehen. Als wir am Morgen in die Steppe gingen, um nach den Tieren zu suchen, lagen sie überall herum ‒ und die Wölfe auch.

Die Kadaver stapelten sich. Zuerst ist keines unserer Tiere gestorben, aber später sind sie verhungert. Sobald ein Schaf „aus dem Magen fällt“, fällt es tot um.

Am Anfang konnte man hier noch Futter finden, allerdings zu einem hohen Preis. Aber Ende Februar war es komplett ausgegangen. Meine Aufgabe war es, Stroh zu finden und es zu den Schafen zu bringen.

Meine Hose war steif gefroren. Es war so kalt, dass man die Arme nicht von der Seite heben konnte. Wenn wir nachts zu Orten im Haupttal gingen, hörten wir Wölfe im Schnee heulen. Einmal, auf dem Rückweg, waren wir mit einigen Omarzai unterwegs, und einer von ihnen fiel zurück; wir sahen ein paar Wölfe auf einem Kamm und sagten: „Passt auf, dass der Kerl nicht gefressen wird!“

Wir versuchten aufzupassen, aber er schaffte es nicht.[ii]

Baya Khans älterer Bruder Padshah und seine Frau Pakhal waren während der schwarzen Monate mit eisiger Kälte bei den Herden.

Pakhal hielt Spin, ihre kleine Tochter, im Arm, als sie über den Winter sprach [siehe Foto unten].

In der Nacht, in der dieses Mädchen geboren wurde, starben vier unserer Schafe, aber das Sterben hatte noch nicht wirklich begonnen. Zwei Tage später fing es dann richtig an zu schneien. Wir schlachteten 50 Schafe und brachten die Kadaver in Pakizas Hütte, die bis zur Tür gefüllt war.

Das war nur zwei Tage nach meiner Geburt, und als Baya-khan mit mehr Heu ankam, weinte ich: „Mir geht es nicht gut. Die Schafe sterben, und wir werden hier auch sterben!“

Ich war fiebrig. Nachts brachten wir die Schafe in unsere kleine Hütte. Ich schlief mit den Schafen auf meinem Bett ein. Es schneite drei Tage und Nächte lang, und von da an starben jede Nacht mindestens zwanzig Schafe, manchmal vierzig oder fünfzig.

Jeder im Haushalt von Hajji Tuman kämpfte mit, um Padshah und Pahal und die Herden am Leben zu erhalten. Alle paar Tage kam jemand mit Wasser und Mehl in die Steppe, während Baya-khan und Hajji Tuman selbst Freunde und Verwandte in Konjek und den Nachbardörfern um Heu und Stroh für die Schafe baten. Später zog Baya-khan mit einer Kamelkarawane zu den Basaren in Sar-i Pul, Scheberghan und schließlich Masar-e Scharif, um Futter zu immer höheren Preisen zu kaufen.

Jonathan erinnert sich

Es ist November 1972. Ich bin 23, ein junger Anthropologe, der in der Stadt Laschkar Gah im Südwesten von Afghanistan seine erste Feldforschung beginnt. König Zahir Shah regierte das Land noch.

Auf dem Weg zurück zum einzigen Hotel der Stadt, wo ich zu Abend essen wollte, komme ich an einem Jugendlichen vorbei, der am Straßenrand steht. Er sagt leise etwas. Ich bin schon weit hinter ihm, als ich verstehe, was er gesagt hat. Ich bin so stolz auf mich. Es ist der erste Puschtu-Satz, den ich außerhalb des Unterrichts verstanden habe. Aber ich bin zu verlegen oder schüchtern, um zu ihm zurückzugehen. Er sagte: „Ich habe Hunger.“

Nördlich von Laschkar Gah war eine furchtbare Hungersnot ausgebrochen. Ich verstand innerhalb weniger Wochen, dass dieser Junge wegen dieser Hungersnot geflohen war. Ich weiß jetzt, dass diese Hungersnot durch eine Dürre verursacht wurde, die auf den Klimawandel zurückzuführen war. Wie jede Hungersnot wurde sie durch Ungleichheit und Grausamkeit verursacht.

Im Norden des Landes lieferte die Regierung ausländisches Hilfsgetreide. Die Bezirksbeamten stellten bewaffnete Soldaten um die Getreidestapel in der Mitte der Städte auf, um zu verhindern, dass die Hungernden an die Nahrungsmittel kamen. Die Armen verkauften ihr Land zu Schleuderpreisen an die Reichen, um von den Bezirksbeamten Weizen zum fünf- bis zehnfachen Preis zu kaufen. Diejenigen, die kein Land zu verkaufen hatten, starben.

Mein Freund Michael Barry fragte einige hungernde Menschen, warum sie die Getreidestapel nicht stürmten. Einer von ihnen sagte: „Der König hat Flugzeuge. Sie werden kommen und uns abschießen.“

Das waren russische Flugzeuge, die von in Amerika ausgebildeten Piloten geflogen wurden. [Die US-amerikanische Behörde] USAID wusste, was mit ihrer Getreidehilfe geschah. Ich weiß das, weil die Frau und die Tochter des Mannes, der USAID leitete, es mir sagten, als ich in ihrem noblen Haus in Kabul einen Scotch trank. Sie waren verärgert, weil sie ihren Mann bzw. Vater nicht dazu bringen konnten, irgendetwas zu tun.

Ich habe diese Geschichte seither viele Male erzählt, auf unterschiedlichste Weise. Ich werde sie weiter erzählen, ganz stur, bis zum letzten Tag meines Lebens. Ich erzähle sie, um einen wichtigen Punkt zu verdeutlichen, wie der Klimawandel sich anfühlen wird ‒ und wie er sich für viele Millionen bereits anfühlt.

Niemand hat es gewagt, die Getreidehaufen zu stürmen. Aber als der „linke starke Mann“ Daoud, der Cousin des Königs, zwei Jahre später [im Juli 1973] einen Putsch inszenierte, wollte niemand für den König sterben. Die Hungersnot hatte ihm das Kainsmal aufgedrückt. Und als die Kommunisten vier Jahre später [im April 1978] gegen Daoud putschten, kämpfte auch niemand für Daoud, den Cousin des Königs.

Die Geschichte der afghanischen Politik in der Folgezeit ist unendlich komplex. Aber die Richtung ist klar: ein Krieg nach dem anderen, ein Verrat nach dem anderen, endloses Leid. Im Hintergrund immer: das Ausbleiben der Regenfälle in ganz Zentralasien ‒ und das seit Jahrzehnten.

Was bewirken Dürren in armen Ländern?

Und nun schreiben wieder Nancy und Jonathan: Es ist wichtig zu verstehen, was Dürren anrichten. Australien und der Westen der Vereinigten Staaten sind vom Klimawandel materiell so stark betroffen wie kein anderes Land der Welt. Aber dies sind reiche Länder, in denen nur eine kleine Minderheit der Menschen von der Landwirtschaft lebt. Die größeren Volkswirtschaften und Gesellschaften können eine Dürrekatastrophe verkraften.

Im Gegensatz dazu leben etwa 80 % der Afghan:inen in ländlichen Gebieten und sind direkt oder indirekt von Landwirtschaft und Viehzucht abhängig, um zu überleben. Dürren töten den Viehbestand, weil es kein Gras gibt. Dürreperioden vernichten auch die Hälfte der Ernte, mancherorts sogar die gesamte Ernte. Bauern und Bäuerinnen, die Land besitzen, leihen sich Geld, und lange, wiederkehrende Dürreperioden führen sie in einen Schuldenkreislauf, bis sie ihr gesamtes Land verloren haben.

Mit sinkenden Ernten steigt der Preis für Lebensmittel. Die Mehrheit der Afghan:innen lebt bereits am Rande des Hungers, ob auf dem Land oder in der Stadt. Bei den meisten Familien fallen für Mehl die größten Ausgaben an. Wenn der Preis für Mehl steigt, essen Erwachsene und Kinder weniger.

In schlechten Jahren verkaufen viele kleine Landbesitzer:innen ihr Land, um Getreide zu kaufen. Mindestens die Hälfte der Menschen auf dem Land sind jedoch pachtende Kleinbauern und -bäuer:innen. Je nach Region beträgt ihr Anteil ein Fünftel bis ein Drittel der Ernte. In einem guten Jahr reicht dieser Anteil gerade für die Ernährung einer vierköpfigen Familie. In einem schlechten Jahr wird die Menge an Lebensmitteln um die Hälfte oder mehr reduziert.

Im Laufe der Jahrzehnte, als eine Dürre auf die andere folgte, wurden viele Hirten und kleine Landbesitzer:innen in die Reihen der landlosen Armen hinabgedrängt. Und Millionen der landlosen Armen wurden in die Städte oder in Flüchtlingslager im Ausland getrieben, um zu überleben.[iii]

Die Dürre im Jahr 2019

Andrej Přívara und Magdalena Přívarova beschrieben die Situation 2019 so:

In den letzten drei Jahren hat es in den meisten Regionen Afghanistans zwischen 4 und 6 aufeinanderfolgende Regenperioden gegeben, die weit unter den durchschnittlichen Niederschlägen der Vorjahre lagen. Infolgedessen wurden erhebliche Rückgänge des Grundwasserspiegels, der Flussläufe, der Schneehöhen, der Wasserstände in Dämmen und der Bodenfeuchtigkeit verzeichnet.

Diese Klimaveränderungen haben sich bereits negativ und unwiderruflich auf die landwirtschaftliche Produktion in Afghanistan ausgewirkt. Wiederholte Dürreperioden führten zum Verlust von Ernten, Vieh und Lebensgrundlagen und schwächten die Kaufkraft. Laut der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) befanden sich im September 2018 9,8 Millionen Menschen (43,6 % der Landbevölkerung) in einer Ernährungskrise und Notlage; das deutet darauf hin, dass Afghanistan eine schwere Ernährungs- und Existenzkrise erlebt, die hauptsächlich durch die schwere Dürre verursacht wurde, die die Nahrungsmittelproduktion einschränkt und die Lebensgrundlagen und das Vermögen von Landwirten und anderen Viehhaltern schmälert.

Am 8. Juli 2019 hat der plötzliche Zustrom von mehr als einer Viertelmillion Menschen in die Grenzen der Provinzhauptstadt Herat in nur wenigen Monaten zur Entstehung von 19 massiven und sich ausdehnenden illegalen Siedlungen geführt. Schätzungen zufolge sind 13,5 Millionen Menschen stark von Ernährungsunsicherheit betroffen und benötigen Soforthilfe. Unter diesen Bedingungen sind die vertriebenen Haushalte, die in unbeständigen und schlecht geschützten Unterkünften leben, dem Risiko strenger Winter und der hohen Überschwemmungsgefahr ausgesetzt, insbesondere diejenigen, die an den ausgetrockneten Flussbetten leben.[iv]

Die aktuelle Situation

Damit kommen wir zur Gegenwart, zur Situation Mitte September 2021. 2019 herrschte eine schwere Dürre. 2020 gab es genügend Regen. Aber 2021 ist die Dürre zurückgekehrt, vor allem im Norden, im Westen und in den zentralen Bergen. Die günstigste Schätzung ist, dass 40 % der diesjährigen Weizenernte verloren gegangen sind. Dies ist eine grobe Schätzung, niemand kann es mit Sicherheit sagen, aber sie zeigt das Ausmaß des Problems. Und dies sind Durchschnittswerte für das ganze Land. In einigen Gegenden dürfte weit mehr als die Hälfte der Ernte verloren gegangen sein.

Die meisten afghanischen Haushalte geben mindestens die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel aus, und die meisten von ihnen geben den größten Teil für die Grundnahrungsmittel aus: Weizenbrot und Maisbrot. Wenn die Dürre wegen des Klimawandels die Ernte in diesem Ausmaß trifft, hat dies zahlreiche Folgen.

Erstens haben die Familien der Kleinbauern und –bäuerinnen und Teilpächter:innen nicht genug zu essen. Sie sind die Mehrheit der Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit dem Land verdienen. Sie müssen sich Geld leihen und ihr Land als Bürgschaft anbieten. Oder sie müssen Land verkaufen. Doch bei vielen haben die langen Dürreperioden der Vergangenheit ihre Besitztümer aufgezehrt. Und die Pächter:innen haben nichts zu verpfänden. Sie sind hungrig, viele werden sterben.

Zweitens: Weil es nicht genug Getreide gibt, steigt der Brotpreis. Dieser Preis ist in den letzten Monaten um etwa ein Drittel gestiegen. Aber wenn die Knappheit anhält, wird er noch viel mehr steigen. Diese Preissteigerungen verschlimmern den Hunger auf dem Land. Aber sie treffen auch die arbeitenden Armen in den Städten, die dort die Mehrheit der Menschen ausmachen.

Drittens hat es noch nie irgendwo auf der Erde eine Hungersnot gegeben, bei der alle sterben. Die Ärmsten und Schwächsten sterben, und die Reichsten und Mächtigsten überleben nicht nur, sondern gewinnen an Wohlstand. Die Regierungspolitik wird zur entscheidenden Frage. Wenn die Regierung in der Lage ist, Getreide zu kontrollieren oder Nahrungsmittelhilfe aus anderen Ländern zu erhalten und die Nahrungsmittel gerecht zu verteilen, kann eine Hungersnot abgewendet werden.

Die derzeitige politische Situation wird das schwierig machen. Der Sieg der Taliban war eine Demütigung für die amerikanische Militärmacht, wie wir in unserem Artikel vom 17. August dargelegt haben. Die Vereinigten Staaten haben immer wieder Sanktionsmaßnahmen verhängt, um die Wirtschaft von Ländern zu zerstören, die sich ihnen widersetzt oder sie besiegt haben, wie Kuba, Vietnam, Iran und Saddams Irak. Alle diese Beispiele spielten sich in viel reicheren Ländern als Afghanistan ab, mit einem viel stärkeren Staatsapparat, wo die Menschen von vornherein weniger Hunger litten.

Alles deutet darauf hin, dass die Regierung Biden jetzt die gleiche Politik verfolgt. Als die Taliban die Zentralbank betraten, stellten sie fest, dass die Vorgängerregierung ihre gesamten Reserven bei der Federal Reserve Bank in Washington angelegt hatte. Die Fed weigerte sich, dieses Geld, das Afghanistan gehörte, freizugeben, weil sie diese Regierung nicht mehr anerkennt.

Ebenso wichtig ist, dass sowohl die Weltbank als auch der Internationale Währungsfonds (IWF) Afghanistan kein Geld mehr zur Verfügung stellen. Diese Gelder sind an sich nicht unbedingt wichtig. Aber die großen internationalen Banken nehmen dies in der Regel als Signal, dass auch sie keine Kredite an eine Regierung vergeben sollten.

Wenn nicht bald etwas unternommen wird, bedeutet dies, dass die afghanische Regierung kein Geld mehr leihen kann. Das bedeutet, dass die afghanische Regierung kein Geld für importierte Lebensmittel beschaffen kann.

Noch wichtiger ist, dass die internationalen Hilfsorganisationen kein Geld nach und aus Afghanistan transferieren können. Das bedeutet, dass sie keine Lebensmittel und Medikamente bezahlen können. Das ist viel wichtiger als in den meisten anderen Ländern, weil Afghanistan so arm ist. Diese Armut bedeutet, dass kein afghanischer Staat seit 1838 in der Lage war, genügend Steuern zu erheben, um auch nur die minimalen Maßnahmen eines Staates zu finanzieren. Alle afghanischen Staaten, gleich welcher politischen Couleur, waren auf die Hilfe einer oder mehrerer ausländischer Mächte angewiesen.

Als die Taliban von 1995 bis 2001 an der Macht waren, waren sie auf ausländische Entwicklungshilfeorganisationen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und die UNO angewiesen, um Nahrungsmittelhilfe und Geld für den Betrieb von Krankenhäusern und Schulen zu erhalten. Die Regierungen unter der US-Besatzung seither haben dasselbe getan.

Es sind alle Voraussetzungen gegeben, damit aus der Klimadürre eine Hungersnot wird. Nach Schätzungen der UN und der NGOs sind etwa 12 Millionen Menschen, also fast ein Drittel der Bevölkerung, von Hunger bedroht. In den höher gelegenen Bergtälern liegt im Winter viel Schnee, und viele werden bis Ende Oktober sechs Monate lang von jeglicher Versorgung mit Lebensmitteln und Verkehr abgeschnitten sein.

Einem Bericht zufolge gibt es in Kabul fast keine Arbeit für Tagelöhner, die einen großen Teil der Arbeiterklasse ausmachen. Wir wissen nicht, wie allgemein dies ist und wie lange es so bleiben wird. Aber Kabul ist eine Stadt mit etwa viereinhalb Millionen Einwohner:innen, in der es außer der amerikanischen Besatzung und der Regierung kaum Industrie oder Wirtschaft gibt.

Drei Dinge passieren gleichzeitig. Da ist die Realität der Dürre und des Hungers. In den Städten droht ein wirtschaftlicher Zusammenbruch, weil die wirtschaftlich belebende Wirkungen durch die Besatzung weggebrochen sind. Und es gibt konzertierte Aktionen unter der Führung der Biden-Regierung, um jede Möglichkeit von Hilfe, Lebensmitteln oder Geld von außen zu unterbinden.

Wir müssen uns über die Politik der US-Regierung im Klaren sein. Die Instrumente sind finanzieller Natur. Die Absicht ist, eine weit verbreitete Hungersnot zu verursachen. Dies wird unter anderem zum Tod vieler Frauen und Kinder führen. In Washington hofft man, dass die Hungersnot zu Chaos, Bürgerkrieg, massenhaften Flüchtlingsströmen, dass Nachbarn sich gegeneinander stellen werden und dass all das schließlich zum Sturz der Taliban führen wird.

Sie setzen den Klimawandel als Waffe ein, um zu töten, und sie töten, um sich für ihre Niederlage gegen die Taliban zu rächen.

Vielleicht mögt ihr die Taliban nicht. Na gut. Vielleicht hasst ihr sie. Aber wenn ihr Sanktionen gegen Afghanistan unterstützt, solltet ihr euch darüber im Klaren sein, dass die von euch gewählte Waffe darin besteht, Kinder verhungern zu lassen. Nicht das Aushungern von Taliban-Führern, sondern das Aushungern der Kinder armer Afghan:innen, die sich entschieden haben, die Taliban zu unterstützen, und der Kinder von Afghan:innen, die für die Taliban nur Verachtung übrig haben.

In den Vereinigten Staaten, Großbritannien und anderswo gibt es jetzt eine endlose Flut von Nachrichten, die zwei Ziele verfolgen.

Erstens soll Unterstützung für die Sanktionen mobilisiert werden. In diesen Geschichten heißt es, dass die Taliban Frauen nicht als Sportlerinnen zulassen, dass sie einige Mädchenschulen geschlossen haben, dass viele Lehrerinnen Angst haben, dass die korrupten Richterinnen des alten Regimes untergetaucht sind. Diese Geschichten sind eine Mischung aus Wahrheit, Übertreibung und Lüge. Es wäre dumm, die meisten dieser Geschichten ohne sorgfältige Prüfung zu glauben, aber es wäre auch falsch, nicht zur Kenntnis zu nehmen, dass einige Geschichten wahr sind. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die meisten afghanischen Stimmen, die in den Medien zu hören sind, von wohlhabenden Leuten stammen, von Leuten der afghanischen Elite. Es sind Menschen, die von der Besatzung profitiert haben und mit dem Sieg der Taliban ihren Platz verloren haben.

Diese Stimmen spiegeln natürlich die komplexe Realität wider. Nehmen wir den Fall der untergetauchten Richterinnen. Die männlichen Richter des alten Regimes sind ebenfalls untergetaucht. Die große Mehrheit dieser Richter, Männer wie Frauen, war korrupt und fürchtet eine Bestrafung.

Aber bitte versteht auch die implizite Botschaft hinter den meisten dieser Geschichten: Es muss etwas getan werden, um die Taliban zu bestrafen. Das einzige Mittel, das den Amerikanern zur Verfügung steht, sind anscheinend finanzielle Sanktionen, um die Kinder auszuhungern. Es ist bemerkenswert, wie leicht die Mainstream-Medien in den USA und Großbritannien davon ausgehen, dass dies nicht nur moralisch akzeptabel ist, sondern auch unweigerlich geschehen wird.

Die zweite Kategorie von Berichten in den USA und Großbritannien zielt darauf ab, Biden und Johnson für einen chaotischen und inkompetenten Rückzug zu kritisieren. Der Zweck dieser Argumente, so haben wir an anderer Stelle dargelegt, besteht darin, eine wichtige Wahrheit zu verbergen.

Diese Wahrheit lautet, dass die US-amerikanische und die britische Armee besiegt wurden. Biden und Johnson hatten keine andere Wahl. Wären die US-amerikanischen Militärs dageblieben und hätten sie gekämpft, wären sie gefangen genommen, getötet oder mit Hubschraubern vom Schlachtfeld evakuiert worden. Und höchstwahrscheinlich wären auch viele US-amerikanische und britische Diplomat:innen und andere Bürger:innen getötet worden. Die weltweite Demütigung wäre komplett gewesen.

Stattdessen tat die Regierung Biden das Beste, was sie konnte, und handelte einen Waffenstillstand mit den Taliban aus, der es ihnen ermöglichte, alle Soldat:innen und einige Bürger:innen zu evakuieren. Und was noch viel wichtiger war: Es gab keine Kämpfe in Kabul und nur wenige Kämpfe in den anderen Städten. Die Machtübergabe verlief ohne große Verluste an Menschenleben.

Das lag nicht nur daran, dass die Taliban die vernünftige Option wählten. Es lag auch daran, dass es in der afghanischen Politik eine sehr lange Tradition gibt, Kämpfe zwischen Afghan:innen zu vermeiden, wann immer dies möglich ist. Und es lag daran, dass die Taliban wussten, dass die Menschen, deren Unterstützung sie brauchten, unbedingt eine friedliche Machtübergabe wollten.

Dies war ein großer Erfolg für die Taliban, für ihre afghanischen Feinde, für die einfachen Afghan:in­nen und für Biden. Das ganze Gezeter über Biden soll darüber hinwegtäuschen, dass er angesichts der Niederlage des amerikanischen Militärs keine andere Wahl hatte.

Das bedeutet auch, dass die Regierung Biden und die anderen NATO-Mächte stark versucht sind, die Taliban durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch zu demütigen.

Wir können die Hungersnot stoppen

Die Gefahr von finanziellen Sanktionen ist real. Aber eine Klimakatastrophe und eine Hungersnot schrecklichen Ausmaßes sind nicht unvermeidlich. Es gibt Kräfte, die dies verhindern können, sowohl auf der Ebene der Großmächte als auch an der Basis. Im Moment sieht es so aus, als würden sich die USA rächen. Aber die Nachbarn Afghanistans haben gute Gründe, Frieden zu schließen und den Taliban zu helfen.

China hat mit den Taliban Frieden geschlossen, und Afghanistan hat sich nun dem chinesischen Projekt „Neue Seidenstraße“ angeschlossen und damit signalisiert, dass es bereit ist, sich dem chinesischen Einflussbereich zu öffnen.

Sowohl Pakistan als auch der Iran haben bereits Millionen von afghanischen Flüchtlingen aufgenommen. Noch mehr wollen sie nicht. China, Russland, Usbekistan und Pakistan fürchten die Auswirkungen des politischen Islams in ihren eigenen Gebieten und fürchten, was passieren würde, wenn die Taliban ihre Dissident:innen unterstützen würden.

Infolgedessen könnten sich all diese Mächte zusammentun, um genügend Hilfe zu leisten, um einen Zusammenbruch und einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Wenn sie dies tun, werden ihre Motive nicht edel sein, aber sie werden viele Menschenleben retten.

Aber auch an der Basis gibt es echte Kräfte in den Vereinigten Staaten, im Vereinigten Königreich und in der Europäischen Union, die handeln wollen. Die wichtigsten dieser Kräfte sind die humanitären Organisationen. An der Spitze sind die wichtigsten Organisationen im Moment hin- und hergerissen. Ihre leitenden Angestellten wissen nur zu gut, wie es weitergehen wird. Es gehört zu ihrem Lebensinhalt, dass sie etwas tun sollten, um zu helfen. Aber gleichzeitig haben sie Angst vor dem Zorn der westlichen Regierungen, die einen Großteil ihrer Finanzmittel bereitstellen. Angesichts der Flut von Berichten über die bösen Taliban müssen sie auch befürchten, dass sie die recht wohlhabenden Menschen verärgern, die ihnen normalerweise Spenden zukommen lassen.

Der Druck zum Handeln wird jedoch immer größer. So berichtete der Guardian am Montag, 13. September, dass die UNO gerade ein Treffen von Geberländern einberufen hat, die eine Milliarde Dollar an Hilfe für Afghanistan versprachen. In demselben Artikel wurde auch berichtet, dass in der Provinz Ghor in den zentralen Bergen Krankenhäuser und Ärzte praktisch keine Medikamente mehr haben. Und das alles inmitten einer wütenden Covid-Epidemie in Afghanistan.

Dies ist eine Situation, in der der „Washington Consensus“ zur Bestrafung nicht allmächtig ist. In dieser Situation können einfache humanitäre Helfer:innen etwas bewirken. Wenn sie ihre Stimme erheben, und sei es auch nur ein bisschen, und Petitionen starten, in denen sie Menschen, die in der humanitären Hilfe tätig sind oder waren, und andere um ihre Unterschrift bitten. Wenn nur tausend dieser Menschen unterschreiben würden, hätte das schon eine Wirkung. Und es würden noch viel mehr unterschreiben.

Keine und keiner, die oder der solch eine Petition unterschreibt, muss die Taliban unterstützen. Darum geht es hier nicht. Mit der Petition soll sichergestellt werden, dass die Menschen mit Lebensmitteln versorgt werden können, damit sie nicht verhungern.

Klimawandel und die Besatzung

Zum Schluss möchten wir noch einmal auf unseren Ausgangspunkt zurückkommen. Wir befinden uns in einer Klimakrise. Die erwähnten klimabedingten Dürren begannen vor einem halben Jahrhundert. Vielleicht kommt der Regen nächstes Jahr, vielleicht auch nicht. Dies beinhaltet eine zufällige Entwicklung. Was nicht dem Zufall überlassen bleibt, ist die Tatsache, dass die allgemeine Tendenz abwärts geht, hin zu schlimmeren Dürren, schlechteren Ernten, größerer Hitze und mehr Leid.

In einigen jüngsten Berichten wurde angedeutet, dass die Taliban zum Teil wegen der langen Dürreperioden unter der amerikanischen Besatzung siegen konnten. Dies mag der Fall sein, aber wir möchten zur Vorsicht mahnen.

Vor zwei Jahren haben wir ein Kapitel eines Buches über Öl, Krieg und Klimawandel im Nahen Osten veröffentlicht (N. Lindisfarne u. J. Neale, 2019).[v] Darin verglichen wir die Kriege in Darfur, Syrien und Afghanistan miteinander, alles Gegenden, die vom Klimawandel stark betroffen sind. Wir haben dort argumentiert, dass in Darfur viele ausländische Mächte einen Stellvertreterkrieg anzettelten, dass aber die zentrale Dynamik in den Kämpfen armer Bauern/Bäuerinnen und Hirt:innen um schwindendes Wasser und Weideland bestand. Im Falle Syriens spielten die Dürre und die Abwanderung der armen Bauern/Bäuerinnen in die Städte eine wichtige Rolle. Noch wichtiger war jedoch der Hass der meisten einfachen Syrer:innen auf die vierzigjährige brutale Diktatur.

Ähnlich argumentierten wir, dass der Klimawandel in Afghanistan eine Rolle spielte, aber der wichtigere Faktor war, dass die US-amerikanische Besatzung viele Afghan:innen abstieß. Eine Möglichkeit, dies zu verstehen, ist die Lektüre der Reportage von Anand Gopal, die vor kurzem im New Yorker erschienen ist. Er beschloss, Großmütter im Süden Afghanistans zu interviewen. Sie erklärten ihm, warum sie, wie so viele andere afghanische Frauen, die Taliban gegen die Amerikaner unterstützt haben. Eigentlich war es ganz einfach. Die Amerikaner hatten eine große Zahl ihrer Verwandten und Nachbarn getötet, darunter Menschen, die ihnen lieb und teuer waren, auch Erwachsene und Kinder, die die Taliban nicht unterstützt hatten. Die Taliban hatten das nicht getan (Anand Gopal 2021).

Manchmal ist der Klimawandel also nur ein Teil der Geschichte von Krieg und Widerstand. Manchmal, wie in Darfur, ist er ein zentraler Teil. In dem Maße, in dem sich die Auswirkungen des Klimawandels verschlimmern, wird sich das Gleichgewicht verschieben, und wir werden viele weitere Konflikte und Tragödien erleben, bei denen der Klimawandel die Hauptursache ist. Aber wir werden nie eine reine Klimakatastrophe erleben. Klimatragödien ereignen sich immer in bereits bestehenden Gesellschaften. Klimakatastrophen werden durch die Ungleichheiten von Klasse und Rasse, durch die Einmischung von Großmächten und Stellvertreterkriegen, durch Armut und Kapitalismus verschlimmert.

Klimapolitik und „normale“ Politik sind heutzutage im Zweifelsfall nicht mehr voneinander zu trennen. Afghanistan ist ein Klimaproblem. Wir haben vorhin von den humanitären Helfer:innen gesprochen, die dabei sind, die Meinung außerhalb Afghanistans zu ändern. Aber das ist auch Teil der Aufgabe von Klimakampagnen und Klimaaktivist:innen. So sieht der Klimawandel heute aus.

Aber die Menschen brauchen nicht nur Hilfe, wenn sie mit einer Abwärtsspirale konfrontiert sind. Sie brauchen Lösungen und Alternativen. Sie brauchen Arbeitsplätze. In Afghanistan sind die Ressourcen an Wind immens. Und im größten Teil des Landes scheint das ganze Jahr über die meiste Zeit die Sonne.

Stellt euch vor, die amerikanische Besatzung hätte die Afghan:innen beim Bau von Windparks und Solaranlagen im ganzen Land unterstützt. Dann hätte man diese Ressourcen mit einem Fernleitungsnetz verbunden; zusätzlich konzentrierte Solarenergie, für die das Land ideal geeignet ist; und den Afghan:innen wäre den Bau von Fabriken finanziert worden, in denen die Windturbinen und Solarpaneele, die Kabel und alles andere, was benötigt wird, hergestellt werden.[vi]

In zwanzig Jahren hätte sich die Energieversorgung in Afghanistan verändert. Die Afghan:innen hätten genug kleine tragbare Solaranlagen haben können, um ihre Häuser zu heizen. Das ist wichtig, denn in weiten Teilen des Landes frieren die Menschen im Winter bitterlich. Aber sie hätten auch kohlenstofffreie Energie für die Industrie in Afghanistan und für den Export in die Nachbarländer zur Verfügung gehabt. Afghanistan wäre ein Leuchtturm für die Welt gewesen, und damit auch die USA. Und die Kosten für all das wären nur ein winziger Bruchteil dessen gewesen, was das US-Militär für die Besatzung ausgegeben hat.

So ist es aber nicht gekommen. Aber eben das muss passieren, in Afghanistan und auf der ganzen Welt. Es ist durchaus möglich, ein Hilfsprogramm einzurichten, das den Afghan:innen dabei hilft, dies zu tun. Denn in Zukunft müssen wir alle lernen, dass die Alternative zum Krieg nicht nur Frieden ist. Die Alternative zum Krieg ist Frieden und die Rettung des Planeten als Heimat für das Leben.

  1. September 2021

Aus dem Englischen übersetzt von Michael und Wilfried D.

Quelle: https://annebonnypirate.org/2021/09/15/weaponizing-climate-change-in-afghanistan/

Literatur

Aich, Valentin, et al (2017): „Climate Change in Afghanistan Deduced from Reanalysis and Coordinated Regional Climate Downscaling Experiment (CORDEX) – South Asia Simulations“, in: Climate, 5 (38), https://www.mdpi.com/2225-1154/8/10/102

Alim, Abdul Khabir / Shobair, Syed Sharif (2010): „Drought and Human Suffering in Afghanistan“, in: SAARC Workshop in Drought Risk Management in South Asia, Kabul: South Asian Association for Regional Cooperation.

Barlow, Matthew / Hoell, Andrew (2015): „Drought in the Middle East and Central-Southwest Asia During Winter 2013/14“, in: Explaining Extreme Weather Events of 2014 from a Climate Perspective, hrsg. von Stephanie C. Herring, Martin P. Hoerling, James P. Kossin, Thomas C. Peterson, Peter A. Scott, Special Supplement to the Bulletin of the American Meteorological Society, 96 (12), S. 76‒83, https://journals.ametsoc.org/view/journals/bams/96/12/bams-d-15-00127.1.xml

Gopal, Anand (2021): „The Other Afghan Women“, in: The New Yorker, 6. September, https://www.newyorker.com/magazine/2021/09/13/the-other-afghan-women

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[i] A. Přívara u. M. Přívarova (2019). Siehe auch V. Aich et al., 2017.

[ii] Quelle für die Berichte von Baya Khan: R. Tapper mit N. Lindisfarne-Tapper (2020), S. 164‒178.

[iii] Weitere Veröffentlichungen über das Klima in Afghanistan: Matthew Savage u. a. (2009); Vincent Thomas (2016); Abdul Khabir Alim u. Syed Sharif Shobair (2010); UNEP (2016); Christian Parenti (2011), S. 97‒112 (dt. Ausg. 2013, Kapitel „Drogen, Dürre und Dschihad: Eine Umweltgeschichte des Afghanistan-Krieges“, S. 105‒119; John F. Shroder (2016); Matthew Barlow u. Andrew Hoell (2015).

[iv] A. Přívara u. M. Přívarova (2019), S. 9.

[v] Dieses Kapitel kann hier heruntergeladen werden: https://annebonnypirate.files.wordpress.com/2021/09/oil_heat_and_climate_jobs_in_the_mena_re-1.pdf.

[vi] Zum Ansatz „climate jobs“ siehe Jonathan Neale (2021). Das Buch Fight the Fire; Green New Deals and Global Climate Jobs kann hier bestellt werden: https://resistancebooks.org/product/fight-the-fire/
Und es kann hier als kostenlose pdf-Datei heruntergeladen werden: https://theecologist.org/fight-the-fire.