von Jacqueline Andres

Während der COP28 in Dubai hielten Aktivist:innen bei einem von der Women’s International League for Peace and Freedom organisierten Protest einen aufblasbaren Elefanten in Höhe: Er symbolisierte den unangesprochenen Elefanten im Raum – nämlich die vom Militär verursachten Emissionen.

Nach Schätzungen der Scientists for Global Responsibility (SGR) verursachen die globalen Militärapparate 5,5 Prozent der globalen Emissionen. Genaue Zahlen liegen nicht vor, da die Meldung der durch Auslandseinsätze verursachten Emissionen vom Kyoto-Abkommen 1997 ausgeklammert und im Pariser Abkommen von 2015 der Freiwilligkeit der Staaten überlassen werden.
Daran haben einige Staaten auch ein großes Interesse, denn dadurch rücken die immensen Emissionen nichts ins Rampenlicht und es bleibt geheim, was sie in den Auslandseinsätzen treiben. So betonte Markus Rülke vom Bundesverteidigungsministerium: »Wir möchten nicht, dass jeder weiß, wie viel Treibstoff wir bei diesen Einsätzen verbrauchen – wie weit wir fliegen, wie weit wir fahren und wie unsere Übungsmuster aussehen.« In den letzten Jahren stieg jedoch der Druck aus der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft, die militärischen Emissionen zu thematisieren und zu messen.

Das Problem mit den militärischen Emissionen

Tatsächlich findet im Diskurs ein Wandel statt, der sich auch im Rahmen der COP28 in Dubai zeigte. Zum erstenmal fand ein »Tag des Friedens« statt, und es wurde der Anteil des Militärs an den globalen Emissionen thematisiert. Dieser fand im Rahmen einer von der Münchner Sicherheitskonferenz organisierten Veranstaltung statt, an der u.a. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg teilnahm. Dabei ging es um »Erklärungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Verteidigungssektor, das toxische Erbe der Kriege und die Notwendigkeit von Netto-Null-Militär«.

Die COP28 leitete jedoch keine konkreten Schritte zu einer verpflichtenden Transparenz und zu einer Abrüstungspflicht ein. Auch in einer im ­Januar 2024 vom Analyse- und Rechercheteam des EU-Rats veröffentlichten Studie »Greening the armies« wird eingestanden, dass es ein Problem mit CO2-Emissionen des Militärs und der diesbezüglichen Be­richtspflicht gibt.
Der Diskurs um grünes Militär ist weiterhin Augenwischerei. Andererseits sind die Militärs und Verteidigungsministerien aus unterschiedlichen Gründen dazu gezwungen, sich den Zusammenhängen zwischen Klimakrise und Militär zu stellen. Zum einen beschränkt die fortschreitende Klimakrise die Einsatzfähigkeit der Militärapparate und ihrer mit temperatursensiblen ausgestatteten Kriegsgeräte: Beispielsweise explodierten im Rahmen von intensiven Hitzewellen zwischen 2018 und 2019 sechs Munitionsdepots im Irak und im Jahr 2020 eines in Jordanien.

Zum anderen bringt eine Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energien und eine mögliche Energieautarkie auch militärische Vorteile und eine strategische Überlegenheit mit sich. Studien warnen zudem, dass sich die fossilen Energien voraussichtlich bis 2065 dem Ende zuneigen. In der Studie »Greening the armies« wird darauf hingewiesen:
»Da sich die Gesellschaften von fossilen Brennstoffen abwenden, kann das Militär nicht der einzige Sektor bleiben, der weiterhin auf Diesel und Gas angewiesen ist. Der weitere Betrieb von Raffinerien und unterstützender Kraftstoffinfrastruktur für einen Sektor allein könnte unerschwinglich, wenn nicht gar unmöglich werden und würde unverhältnismäßig große Ressourcen erfordern.«

Grüne Bundeswehr?

Die Bundeswehr muss bis 2045 klimaneutral werden – so sieht es das im August 2021 in Kraft getretene novellierte Bundesklimaschutzgesetz vor. Es ist ein nicht realisierbares Vorhaben. Zwar richtete das Verteidigungsministerium im Jahr 2022 die Stelle einer Beauftragten für Nachhaltigkeit ein und veröffentlichte im November 2022 seine Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie, doch das Erreichen der »Klimaneutralität« bis 2045 bleibt ohne Abrüstung unmöglich.

Auf neun Handlungsfeldern will das Verteidigungsministerium auf Nachhaltigkeit hinwirken: u.a. Mobilität, Beschaffung und Infrastruktur. Mobilität dürfte das wichtigste Handlungsfeld sein, da die Emissionen der Bundeswehr hauptsächlich durch das Betreiben militärischer Großgeräte entstehen. So verbraucht ein Eurofighter bspw. 3500 Kilogramm Kerosin pro Flugstunde, der Leopard-2-Kampfpanzer mehr als 500 Liter Treibstoff für 100 Kilometer im Gelände.

Doch hier geht es vor allem um die inländischen Mobilitätsemissionen. »Grüne« Mobilität heißt hier: mehr als die bisherigen 600 Elektrofahrzeuge der Bundeswehr, mehr Fahrrad und öffentlicher Personennahverkehr, mehr ökologische Dienstreisen und mehr Telearbeit. Der entscheidende Punkt, die Kraftstoffe für das Großgerät, kann bislang nicht nachhaltig gestaltet werden. Zwar sollen synthetische Kraftstoffe weiter erforscht und die bisherige sehr geringe Produktion gesteigert werden – doch das ist Zukunftsmusik, die, wenn überhaupt, vermutlich erst nach 2045 ertönen wird.

Bei der Beschaffung werden die aktuell geplanten, energieintensiven Rüstungsprojekte und die gesteigerte Munitionsproduktion nicht problematisiert, aber geplant ist die Beschaffung von recyceltem Papier, ökologischen Möbeln, Bekleidung, Büroelektrogeräten und umweltverträglichen Reinigungsmitteln. Ähnlich dürfte die Nachhaltigkeitsstrategie in einem Kindergarten aussehen.
Das Greenwashing des Militärs überzeugt längst nicht alle. Die eingeleitete »Zeitenwende« und der Anstieg der globalen Rüstungsausgaben stellen die Weichen, die uns zu einem Klimakollaps führen können.

In der Studie Climate Crossfire, herausgegeben u.a. von Transnational Institute, Stop Wapenhandel und Tipping Point North South, betonen die Autor:innen, dass die Erfüllung der NATO-Zielvorgabe, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben, katastrophale Folgen nach sich zieht: Es würde zu »schätzungsweise 467 Millionen Tonnen zusätzlichen Treibhausgasemissionen führen«. »Bis 2028 [würden] schätzungsweise zusätzliche 2,57 Billionen US-Dollar von den Klimaausgaben abgezogen, was ausreichen würde, um sieben Jahre lang die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel in allen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu decken.« Die kleinstufigen Nachhaltigkeitsziele der Bundeswehr sind somit zu wenig, zu spät und völlig unbedeutend, wenn wir uns anschauen, wie sich die aktuelle globale Aufrüstungswelle entwickelt und was die Kriegseinsätze der Bundeswehr und anderer Streitkräfte bewirken.

Weichen zum Klimakollaps

Nichts ist umwelt- und klimaschädlicher als Krieg. Die aktuellen Bilder der Zerstörung aus Gaza, die aufgeblähten gestrandeten Meeressäuger im Schwarzen Meer seit Beginn des Ukrainekrieges, die entlaubten Mangrovenwälder im Vietnamkrieg oder auch die brennenden Ölfelder Kuwaits illustrieren die Tatsache, dass Kriege der Zerstörung dienen und den Umweltschutz sowie den Respekt vor Leben in die Bedeutungslosigkeit drängen.

Die ersten 18 Monate des Ukrainekriegs bis September 2023 verursachten Klimaforscher:innen zufolge Treibhausgasemissionen in der Höhe von 150 Millionen Tonnen CO2, etwa so viel wie Belgien emittiert. Das sind grobe Schätzungen, die den Treibstoffverbrauch der Militärgeräte, die kriegsbedingten Waldbrände und die geschätzten zukünftigen Wiederaufbauemissionen berücksichtigen.
Ähnliche Berechnungen liegen für Gaza vor: »In den ersten zwei Monaten des Krieges in Gaza sind gigantische CO2-Emissionen entstanden. Diese sind größer als der jährliche ökologische Fußabdruck von mehr als 20 Nationen. Über 99 Prozent der geschätzten 281.000 Tonnen Kohlendioxid, die in den ersten 60 Tagen nach dem Hamasangriff vom 7.Oktober ausgestoßen wurden, lassen sich auf Israels Luftangriffe und die Bodeninvasion in Gaza zurückführen – so das Ergebnis einer erstmals durchgeführten Analyse von Forschern aus dem Vereinigten Königreich und den USA.« Auch der Wiederaufbau wird jährlich erhebliche Emissionen verursachen, »die höher sind als die von über 130 Ländern und sich mit denen Neuseelands messen können.« Die langfristigen Umweltschäden durch die flächendeckende Bombardierung Gazas und die Flutung der Tunnel unter Gaza mit Salzwasser sind noch nicht konkret absehbar.

Schauen wir nach Afghanistan, finden wir Beispiele für eine solche Langzeitwirkung von Bomben: Im Jahr 2017 warf das US-Militär die »Mutter aller Bomben«, die GBU-43/B Massive Ordnance Air Blast (MOAB), über Afghanistan ab. Noch im Jahr 2023 litten Einwohner:innen an den Folgen, die sie der Journalistin Lynzy Billing gegenüber schilderten: »Früher konnten wir auf meinem Land 150 Kilogramm Weizen ernten, jetzt bekommen wir nicht einmal mehr die Hälfte davon … Die Pflanzen sind krank und wir sind es auch.«

Langfristigen Schaden nehmen die Waldflächen in den Kriegsgebieten: Fast zehn Jahre Krieg in der Demokratischen Republik Kongo, der mehr als 5,4 Millionen Menschen tötete, sollen Waldflächen in der Größe Belgiens zerstört haben. Krieg und Vertreibung zerstörten auch bewaldete Flächen in Syrien, Sudan, im Südsudan und in Tigray. Auch die Militärdiktatur in Myanmar treibt die Abholzung der Wälder voran, um sich mit ihrem Erlös durch Verkauf an europäische Firmen zu finanzieren.
Wir können uns keine Aufrüstung und keine Kriege leisten, wenn wir den Planeten erhalten wollen.

Die Autorin ist seit 2015 Teil der Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI) mit dem Forschungsschwerpunkt Klima und Krieg.

Quelle: www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2020-34Klima.pdf.

Der Artikel erschien in SOZ, Sozialistische Zeitung, Mai 2024: https://www.sozonline.de/2024/05/e-panzer-fuer-die-bundeswehr/