An den Rand notiert
von Rolf Euler
Der Sommer der Überschwemmungen und Brände brachte in heftiger und oft tödlicher Art noch mehr Aufklärung über die Probleme, vor denen die Menschheit und die Natur stehen. Im Gegensatz dazu übertrumpfen sich die reichsten Menschen mit «Erfolgsmeldungen» ihrer Fahrt in den nahen Weltraum.
Mit Milliarden haben sich der Brite Richard Branson mit seiner Raumfahrtfirma Virgin Galactic und der ehemalige Amazon-Chef Jeff Bezos im Juli eine – nicht mal neue – Sicht auf die Erde erlaubt, mit lobenden Worten über die einmalige Aussicht. Tesla-Chef Elon Musk wird sich anschließen.
Das ist kein Spiel «Wer hat den größten», sondern die moderne Form des Bads im Geldspeicher à la Dagobert Duck – wer kann die Milliarden mit großem Aufsehen verpulvern, als Reichster der Welt zeigen, dass man sich das leisten kann?
Aber was heißt leisten? Diese Männer, die ihr Vermögen mit der Ausbeutung von Hunderttausenden und Bodenschätzen gerafft haben, haben damit nur den Weltraum unsicherer, den CO2-Ausstoß massiv höher und die Welt ärmer gemacht.
Um eine Rakete mit Raumfahrtkapsel in die Höhe und wieder zurück zu bringen, bedarf es nicht nur erheblicher Geldmittel, technischer Vorbereitungen und Tests, die sich diese Raumtouristen durch den Verkauf von Raumflügen wieder reinholen wollen. Dazu kommt, dass jegliche Raumfahrerei nicht ohne militärische und wirtschaftliche Überwachungszwecke gemacht wird. Und befeuert wird von der absurden Idee, mit außerirdischen Stationen auf Mond und Mars eine Ausweichposition für Menschen zu schaffen. So hat die NASA für ihre Mondpläne das Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk angeheuert, der Auftrag wird pikanterweise von Bezos und seinem Unternehmen Blue Origin juristisch angegriffen.
«Erlaubt Jeff Bezos nicht, zur Erde zurückzukehren!» Eine leider nicht erfolgreiche Unterschriftenkampagne zeigt einen kleinen Teil der Kritik dieser verschwenderischen Raketenstarts. Allen drei werden etwa von Hans Königsmann, der bis vor kurzem Vizepräsident von SpaceX war, «Visionen» unterstellt, was immer das heißen mag. Diese Visionen kann die Welt sich nicht leisten, aber der Hinweis auf Umweltschäden, Klimaerwärmung und Armut hat noch nie einen Milliardär von seiner Vision abgebracht, noch mehr Geld zu scheffeln.
In der Romantrilogie A Hitchhiker’s Guide to the Galaxy von Douglas Adams soll die Erde von Außerirdischen zugunsten einer Raumautobahn in die Luft gesprengt werden. Man muss befürchten, dass es in Zukunft dazu keiner Außerirdischen bedarf.
Aus SOZ, Sozialistische Zeitung, Sept. 21 https://www.sozonline.de/2021/09/hitchhiker-to-the-galaxy/