Erstarrtes Land. Die Viennale 2024
Auch in ihrer 62. Ausgabe bot die Viennale, der Höhepunkt des österreichischen Kinojahrs, wieder ein hochwertiges und variantenreiches Programm.
Auch in ihrer 62. Ausgabe bot die Viennale, der Höhepunkt des österreichischen Kinojahrs, wieder ein hochwertiges und variantenreiches Programm.
Juryentscheidungen sind häufig Kompromisse. Dies gilt wohl auch die Preisverleihung des »Goldenen Leoparden« an den litauischen Film Akiplesa (Regie: Saula Biluvalté). Der Film erzählt die Geschichte einer Mädchenfreundschaft rund um eine erhoffte Modelkarriere. Zwei Außenseiterinnen halten gegen Mobbing zusammen, machen sich Gedanken über schlanke Körper, aber mehr noch über das Entfliehen aus der Provinz in die große Stadt. Der Film ist ein intimes Porträt, sensibel erzählt. Was Akiplesa aber nicht war: der Höhepunkt des Festivals. Da standen mehrere bemerkenswerte Filme zur Auswahl.
Crossing Europe, das Festival des europäischen Films in Linz, bot auch in seiner Ausgabe 2024 ein vielfältiges Programm mit gesellschaftspolitisch relevanten Themen.
Es ist ein ehrgeiziges und mutiges Projekt. In einer Zeit, in der Printprodukte für überholt erklärt werden, traut sich eine Kombo österreichischer Kulturschaffender mit einer neuen »Zeitschrift für Kultur und Politik«, oder auch: »für Politik und Kultur, mit verfließenden Grenzen zwischen beiden« auf den Markt.
Fein säuberlich getrennt. So verläuft das Leben des Ehepaares Höß in Auschwitz. Die Trennlinie ist nicht nur die Mauer zwischen dem von Frau Höß liebevoll angelegten Garten und den von ihrem Gatten Rudolf Höß geleiteten KZ. Sie steht auch paradigmatisch für die Ignoranz all derer, die ja, bewahre, keine Täter:innen waren, und nur »ihr Leben gelebt haben«, dabei alles relativierend, was außerhalb von Haus und Herd, »hinter der Mauer« vorging.
Auch heuer war die Viennale, ein Festival von überregionaler Bedeutung, wieder der Höhepunkt des österreichischen Kinojahres. Es wurde ein innovatives Programm geboten.
Vor einigen Jahren war Jean-Marie Straub ins Österreichische Filmmuseum geladen. Dessen damaliger Direktor Alexander Horwath erwähnte in seiner Einleitung, ein Mitarbeiter des Hauses habe ihn darauf hingewiesen, dass der Name Straub wegen dessen (französischer) Herkunft »eigentlich« französisch auszusprechen sei. Darauf ein erboster Straub: »Was – französisch? Straub kommt vom Sträuben!«
Sechzig Jahre Viennale: Das war ein Anlass zum Feiern für das renommierte, international geschätzte Festival in Wien. Und dieser wurde nicht zu Starparaden und Selbstdarstellungen genutzt, vielmehr dazu, wie stets ein innovatives Programm von hoher Qualität zu präsentieren.
Wofür kann subversives Kino heute stehen? Diese Frage stellte sich die Retro der Viennale im Österreichischen Filmmuseum; sie stand im Zeichen des 100. Geburtstags des legendären Kurators und Autors Amos Vogel (Film as a Subversive Art). Aber auch viele Filme der diesjährigen Programmauswahl von Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi in den anderen Festivalkinos rückten anpassungsresistente Protagonist:innen ins Zentrum ihrer Erzählung.
Vor 35 Jahren, am 29. September 1986, starb in Wien Helmut Qualtinger. Ihn verband mit Wien eine Hassliebe, denn er hielt nichts von der Unterwürfigkeit der Wiener. Das Aufbegehren gegen Autoritäten zog sich durch sein ganzes Leben und immer hatte er einen besonders kritischen Blick auf die Mächtigen. Die Wiener Gemütlichkeit, mit der man versuchte, ihn zu umschmeicheln, war ihm zuwider.