Weltkongress der IV. Internationale: Die internationale Lage begreifen und als Internationale handeln

Die Vierte Internationale hat Ende Februar ihren 18. Weltkongress in Belgien abgehalten. Die gegenwärtige multidimensionale Krise bestärkt die Überzeugung, dass eine internationale Organisation des politischen Kampfes ein wesentliches Instrument ist, um eine Alternative zu den Grausamkeiten und der Absurdität der bestehenden kapitalistischen Ordnung aufzubauen. Aus diesem Grund finden sich Aktivist:innen der NPA-lʼAnticapitaliste, von Ensemble, der Gauche écosocialiste (GES) und der NPA-Révolutionnaire in der Französischen Sektion der Vierten Internationale (Section française de la Quatrième Internationale, SFQI) zusammen.

Elsa Collonges

Ein Weltkongress muss über einen längeren Zeitraum vorbereitet werden, um allen Organisationen die Möglichkeit zu geben, sich an den Debatten zu beteiligen, insbesondere durch die Übersetzung aller Texte in verschiedene Sprachen.

Die beschleunigten Veränderungen der Weltlage in den letzten Monaten hat uns dazu gezwungen, den ursprünglichen Text [zur internationalen politischen Lage] mit Hilfe von Diskussionen zu aktualisieren, die die verschiedenen Standpunkte unserer Internationale widerspiegeln.

Eine strukturelle Mehrfachkrise

Unser Kongress hat nur einen Monat nach der Amtseinführung von Trump stattgefunden. Die Teilnahme von Genoss:innen aus den USA hat es möglich gemacht, die Folgen der Ankündigungen des Präsidenten zu erfassen und dank der Beiträge der Genoss:innen aus Lateinamerika, Asien und natürlich Palästina über die weiterreichenden Auswirkungen zu diskutieren. Der neue US-Präsident tritt als Avantgarde der weltweiten extremen Rechten an der Seite der völkermörderischen Regierung von Netanjahu in Erscheinung. In Indien, der Türkei und Ungarn gelingt es den amtierenden Regierungen, den Anschein von Demokratien mit einer extrem autoritären und repressiven Politik zu kombinieren. Es ist klar, dass das kapitalistische System einen wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Ausweg aus der andauernden strukturellen Mehrfachkrise sucht.

Die Kämpfe der Völker im Nahen Osten unterstützen

Wir erleben eine Zunahme von Kriegen und interimperialistischen Spannungen. Die Situation in Pa- lästina war Gegenstand einer gesonderten Resolution. Die Internationale engagiert sich stark für den Aufbau einer weltweiten Solidaritätsbewegung. Sie fordert die Beendigung der Massaker, den Rückzug der [israelischen] Truppen, den Wiederaufbau von Gaza auf Kosten der imperialistischen Mächte, die Freilassung der Gefangenen, das Rückkehrrecht der Palästinenser:innen und die Beseitigung des zionistischen Staates Israel. Der Sturz des Regimes von Baschar al-Assad bedeutet zwar eine Erleich- terung, aber wir wissen, dass die fortschrittlichen Kräfte weltweit unterstützt werden müssen, damit sie siegen, insbesondere die kurdischen Kräfte, die in Rojava kämpfen.

Volle Unterstützung für die ukrainischen Arbeiter:innen und ihre Organisationen

Der Situation in der Ukraine ist ebenfalls eine eigene Resolution gewidmet worden. Es gibt Meinungs- verschiedenheiten über unsere Positionierung, die auf unterschiedliche Einschätzungen des Charakters des Konflikts zurückgehen. Die Mehrheitsresolution ist das Ergebnis der Arbeit [unter Beteiligung] unserer ukrainischen und russischen Genoss:innen, die an diesem Kongress teilgenommen haben. Der Krieg in der Ukraine ist ein Produkt des expansionistischen Imperialismus Russlands, aber auch Teil der globalen Krise des Kapitalismus und der daraus resultierenden interimperialistischen Spannungen. Die Internationale bekräftigt ihre Unterstützung für die Arbeiter:innen in der Ukraine und ihre Organisationen. Wir haben keine Illusionen über die Regierung Selenskyj, die sich den Forderungen ihrer nationalen Kapitalisten und der westlichen Mächte anpasst. Das ukrainische Volk muss die Mittel haben, sich zu verteidigen, und Hilfe muss bedingungslos geleistet werden.

Klimakatastrophe erfordert sofortiges Handeln

Die zunehmende Militarisierung ist ein Element der Mehrfachkrise des kapitalistischen Systems. Ein großer Teil unseres Austauschs war den Wechselwirkungen zwischen der Wirtschaftskrise und ihren sozialen, demokratischen und ökologischen Folgen gewidmet. Dieser Kongress hat uns ein program- matisches Dokument mit dem Titel „Manifest für eine ökosozialistische Revolution – Bruch mit dem kapitalistischen Wachstum“ verschafft.(1) Es ist nicht möglich, die Probleme eines nach dem anderen zu lösen, zuerst den Kampf gegen die extreme Rechte und dann die Berücksichtigung ökologischer Fragen. Beim Klima nehmen die Nöte zu, das erfordert sofortiges Handeln, die Antworten auf die Mehr- fachkrise des Kapitalismus sind untrennbar miteinander verbunden: Die Völker der Welt müssen vereint und solidarisch sein, um autoritäre Regime zu stürzen, die imperialistischen Mächte niederzuringen, um die sozialen und ökologischen Sofortmaßnahmen zu ergreifen, die auf globaler Ebene erforderlich sind – mit einem Wort: für eine Weltrevolution!

(1) Siehe hierzu das Gespräch mit Christine Poupin in LʼAnticapitaliste Nr. 743 vom 27. Februar 2025:

„Es handelt sich um ein ökosozialistisches Manifest, ein Manifest des revolutionären Marxismus heute“.

Dieser Artikel ist Teil eines Dossiers über den 18. Weltkongress der Vierten Internationale, das in der Wochenzeitung LAnticapitaliste (Nr. 745 vom 13. März 2025) erschienen ist.

Aus dem Französischen übersetzt und mit kleinen Ergänzungen in eckigen Klammern von Wilfried D.